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Ausgearbeitet von Michael Treutler
Macht ist eine Einflussbeziehung, deren Begriff unspezifisch ist. Macht kann nicht für sich isoliert werden, sondern existiert immer nur in einem Gefüge. Diesem Gefüge soll sich im folgenden genähert werden, indem 1. der Machtbegriff der klassischen Soziologie nach Max Weber eingeführt wird; 2. die Verflechtung zwischen Macht und Gewalt nach Hannah Ahrendt diskutiert wird und 3. die Struktur der Macht in einer Gesellschaft nach Michel Foucault vorgestellt wird. Die teilweise komplexen Zusammenhänge müssen in diesem Rahmen natürlich an der Oberfläche bleiben, bieten jedoch hoffentlich eine hilfreiche Grundlage für die Auseinandersetzung mit dem 11. September 2001.
1. Soziologische Definition nach Max Weber:
"Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichwohl worauf diese Chance beruht."
Der Begriff der Macht ist soziologisch amorph (formlos). Alle denkbaren Qualitäten eines Menschen und alle denkbaren Konstellationen können jemand in die Lage versetzen, seinen Willen in einer gegeben Macht durchzusetzen. Es ist also wichtig, warum ein Befehl Fügsamkeit findet, bzw. wie die Herrschaft konstituiert ist. Herrschaft ist nicht die einzige Form von Macht, jedoch die einzige, die Weber untersucht; andere Formen ökonomische Macht, erotische Macht.
Herrschaft: Herrschaft (Autorität) soll heißen die Chance,
für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu
finden (Gehorsam = den Befehl so ausführen, als entsprünge er seinem
eigenen Willen ohne Wertung des Inhalts)
Disziplin: Disziplin soll heißen die Chance, kraft eingeübter
Einstellung für einen Befehl einen prompten, automatischen und schematischen
Gehorsam bei einer angebaren Vielheit von Menschen zu finden.
Legitimität: Herrschaft muss durch eine Legitimitätsgeltung
abgesichert sein. Je nach Art der Legitimität ist sowohl der Typus des
Gehorchens sowie die Ausführung der Herrschaft unterschiedlich. Bsp. militärisch
(unfreiwillig); Arbeit (freiwillig)
Herrschaftslegitimation / Typologien:
2. Erweiterung durch Hannah Ahrendt: Macht und Gewalt
3. Michel Foucault - Die Struktur der Macht (Überwachen und Strafen)
Foucault analysiert das Dispositiv der Macht und geht der Frage nach, wie ein machtvolles soziales Gebilde geschaffen sein kann. Er macht das natürlich ausführlicher als hier beschrieben, aber das System der Disziplinierung sollte hier klar werden!):
Panoptismus:
Die Maßnahmen welche Ende des 17. Jahrhunderts ergriffen wurden, wenn
die Pest ausgebrochen war, dienen Foucault als Beispiel für die Machtstruktur
des Panoptismus der Disziplinargesellschaft:
Architektur des Panopticons: (J. Bentham)
Gilles Deleuze baut in " Postskriptum über die Kontrollgesellschaften" auf dem Prinzip der Disziplinargesellschaft auf und erweitert es in der modernen Gesellschaft auf das Prinzip der Kontrollgesellschaften (sehr lesenswert!).
Arendt, Hannah (1970): Macht und Gewalt, München (Piper)
Gut zu lesende Abhandlung über den GEGENSATZ von Macht und Gewalt. Macht
ist die Fähigkeit zur Kommuniaktion, nicht der Einsatz der Gewalt. Eher
politische Kritik, als geisteswissenschaftliche Analyse. Aber dadurch gut zu
lesen und sehr einleuchtend. Bezug auf von Clausewitz, die 68er Revolution und
den Vietnamkrieg. Weiter Begriffe, die "geklärt" werden: Stärke,
Kraft, Autorität
Deleuze, Gilles (1993): Postskriptum über die Kontrollgesellschaften,
in Unterhandlungen 1972-1990, Frankfurt/M. (Suhrkamp) 1993, S. 254-262
Äußerst spannendes, kurzes Essay über den Übergang von
"Foucaults" Disziplinargesellschaft in die moderne Kontrollgesellschaft.
Setzt auf die Mikroanalyse der Macht auf, welche Macht nicht in bestimmten Eigenschaften
des Subjektes, sondern in den gesellschaftlichen Strukturen sucht. Setzt allerdings
Foucaults Überwachung und Strafen voraus (na ja, man hat dann wenigstens
mehr Spass dran).
Esposito, Elena (1999): Macht als Persuasion der Kritik der Macht, in
Maresch/Werber [hrsg.] (1999): Kommunikation, Medien, Macht, S. 83-107
Macht der Medien auf der Basis von Luhmann.
Foucault, Michel (1994): Überwachen und Strafen, Frankfurt/M. (Suhrkamp)
1994
Spannendes Buch zur Geschichte des Gefängnisses in Europa mit sehr klarer
und genialer wissenschaftlicher Herleitung zum Thema Macht: Die westliche Gesellschaft
hat sich selbst Strukturen geschaffen, die von sich aus das Leben regulieren.
Es braucht niemanden, der Macht ausübt, alle verhalten sich von selbst
so, als wäre dieser jemand da! (-> Panoptismus)
Foucault, Michel (2000): Historisches Wissen der Kämpfe und Macht.
Vorlesung vom 7. Januar 1976, in Verteidigung der Gesellschaft, Erste Vorlesung,
Frankfurt/M. (Suhrkamp) 2000
Luhmann, Niklas (1988): Macht, Stuttgart : Enke 1998
Systemtheoretische Analyse des Ersatzmediums Macht. Sehr gut nachvollziehbar,
wenn man die Grundzüge der Systemtheorie kennt. Auch hier: Wo Gewalt ist,
herrscht keine Macht, sondern nur der ultimative Befehl.
Lyon, David (1998): The World Wide Web Of Surveillance - The Internet and
Off-World Power-Flows, in Information, Communication and Society, Volume
One, Number One, Spring 1998
Auseinandersetzung mit den negativen Aspekten der totalen Vernetzung auf
der Basis von Foucaults Panopticon
Castells, Manuel (1999): The Information Age - Economy, Society and Culture,
Part Two, The Power of Identity, 1999
Die Macht der Identität. Im Informationszeitalter verfallen klassische
"Verankerungen" der Individuen, und Identität bietet noch Halt.
Setzt sich u.a. mit Fundamentalismus auseinander (islamischer und christlicher
Herkunft)
Weber, Max (1994): Schriften zur Soziologie, hg. von Michael Sukale,
Stuttgart : 1995
Gute Übersicht klassischer soziologischer Grundbegriffe: Macht, Herrschaft,
Disziplin, Legitimität sowie die berühmten Herrschaftslegitimationen
bzw. Typologien. Etwas bürokratisch zu lesen, da schon sehr alt, aber ein
handfester Überblick.